Die Roten und ich

Was ich sonst noch mit der Michèle gemeinsam hab, weiss ich nicht. Aber eine Gemeinsamkeit fiel mir beim Lesen ihrer samstäglichen Kolumne auf. Da heisst es doch: "Ich werde unerträglich oft von wildfremden Männern aufgefordert, mal zu lächeln." Genau das passiert mir schon mein ganzes Leben lang. Es geht sogar soweit, dass mich der Koch in der Kantine tagtäglich zum Lächeln auffordert. Um diesem Grins-Routenlauf auf Kommando aus dem Wege zu gehen, tue ich ihm schon den Gefallen, dass ich kurz vor der Menü-Bestellung mein verkrampftes Grinsen aufsetze und wenn er mir den Teller überreicht nochmals die Mundwinkel mit einem letzten Effort noch höher nach oben reisse. Und alles nur, damit er zufrieden ist. Bloss gehts mir dabei noch verschissener. Mein Gott, das ist halt meine Physiognomie! Meine Mundwinkel hängen halt nach unten! Na und? Deswegen bin ich doch nicht ständig traurig oder gar schlecht gelaunt! Also, lasst meine Fresse in Ruhe und quält mich nicht noch immer zusätzlich mit der blöden Aufforderung "lächle mal!", nur damit ihr euer schlechtes Gewissen, es könnte jemandem mies gehen, für eine Sekunde lang beruhigen könnt.